Idomeni – Endstation Hoffnung
15.000 Flüchtlinge immer verzweifelter
Im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze wächst mit der Verzweiflung die Wut. Idomeni ist ein schrecklicher Ort. Soweit das Auge reicht, erblickt es hier nur schiefe Zelte, offene Feuer und schwarz aufsteigenden Qualm, der in den Augen brennt. Auf der einzigen Straße, die durch Idomeni führt, kommen uns hunderte von Menschen entgegen. Sie bewegen sich wie ge- lähmt. Am Bahnübergang, sitzen viele Flüchtlinge auf den Schienen. Sie sind im Hungerstreik. Ihre einzige Hoffnung ist, dass es irgendwann einmal weitergeht. Vor der mazedonischen Grenze steht eine dichte Reihe bewaffneter Polizisten, die verhindern soll, dass die Menschen die Grenze durch- brechen. Vor den Uniformierten steht ein kleines Mädchen und hält ein Pappschild hoch: “Rettet uns, wir sind doch nur Kinder!”
Idomeni ist ein Ort der Hoffnungslosigkeit und verlorener Träume. Luftfahrt ohne Grenzen ist mit drei Sattelzügen voller Hilfsgüter dort, um den Menschen zu zeigen, dass sie nicht ganz vergessen sind.
Sheina aus Aleppo ist erst 9 Jahre alt. Sie hat ihre gefährliche Flucht in erschreckenden Bildern fest- gehalten. Malen bedeutet für Sie das Verarbeiten unvorstellbarer Erlebnisse. Ihre Ängste bekämpft sie mit dem Zeichenstift. Eines der Bilder zeigt eine schwarze Maus, deren Schwanz eine ISIS Fahne darstellt. Die schwarze Maus frisst Menschen! Am Bahnübergang in Idomeni wird eine Selbstver- brennung verhindert. Ein Mann steht auf den Gleisen mit einem Schild auf dem “Pray for Brussels” geschrieben steht. Dann spricht uns eine Mutter mit ihrem Baby an. Sie weiß nicht, wie es weiterge- hen soll, sie hat keine Nahrung für ihr Kind.
Am dritten Tag unseres Aufenthaltes in Idomeni regnet es ununterbrochen. Dunkle Wolken stehen über dem Platz des Schreckens. Die kleinen Zelte sind inzwischen von Wasser umgeben und bilden kleine Inseln. In vielen der winzigen Zelte sind bis zu acht Flüchtlinge untergebracht. Kinder kommen barfuß aus den schiefen Behausungen.Die Autobahnen und Straßen sind inzwischen von verzweifelten Flüchtlingen blockiert. Ihr hilfloser Protest wird keine Wirkung zeigen. Für Europa existiert Idomeni nicht!
Die Flüchtlinge sollen in eines der griechischen Lager gehen, fordern die Offiziellen. Als wir eine Fa- milie dazu befragen, erzählt uns der Vater, dass er mehrfach versucht habe, Informationen zu be- kommen. Er hätte stundenlang gewartet, aber nie eine Antwort erhalten. Die Menschen haben Angst, in den Militärlagern auf Dauer interniert zu werden.
Aus der Dunkelheit tauchen Simon und sein Freund Wissi auf. Beide sind Schweizer, die hier einfach nur helfen wollen. Simon sagt empört: “Idomeni ist eine europäische Schande, ein totales Versagen der Politik. Unglaublich, dass dies im Jahr 2016 auf so schreckliche Weise möglich ist.” Sie schreiben die Schuhgrößen der vier Kinder einer Familie auf, die alle barfuß sind und wollen morgen für sie Schuhe kaufen gehen. Dann verschwinden die beiden wieder in der Dunkelheit und dem Regen, der über Idomeni lastet.
Wir haben drei LKW mit Hilfsgütern mitgebracht, mit Dingen, die hier dringend benötigt werden. An Bord sind Decken, Kleidung, Windeln, Zwieback und vieles mehr. Wir werden sobald wie möglich ei- nen weiteren Transport zusammenstellen.
Idomeni ist kein Platz für politische Spiele, sondern ein Ort der dringend Hilfe braucht.